Was hat #metoo mit tantrischer Massage zu tun?

Die öffentlichen Diskussionen und Berichterstattungen rund um #metoo sind in aller Munde und bringen Unschönes, Verletztes, Gehässigkeiten, Verunsicherung, Wut und vieles Mehr an die Oberfläche. Gut wird ein dunkler Teil unserer (sexuellen) Kultur sichtbarer und werden die betroffenen Frauen gehört. Dieses Ausmass und die Präsenz fordert uns alle auf hinzuschauen und Wege der Veränderung zu gehen. Auch wenn sich sexuelle Übergriffe, Missbrauch und Gewalt in keiner Weise entschuldigen lässt und es wichtig ist, dass die Täter benannt werden, geht es um mehr als Aufdecken, Aussprechen und Verurteilen.

 

Was lässt uns dies tun?

Wenn wir uns die Frage stellen, was uns, Männer wie Frauen, übergriffig, gewalttätig und missbräuchlich werden lässt, kommen wir immer wieder auf die gleiche Antwort. Die sexuelle Kraft ist nicht verbunden mit uns, sie steuert uns, wir wissen nicht wohin damit, wir sind uns ihrer Kraft nicht bewusst, wir kennen nichts anderes, wir haben keine anderen Vorbilder, wir sind selber ohnmächtig, suchend, verunsichert, wütend, abgetrennt. Nicht verbunden mit uns selber, mit unserem Körper und unseren Gefühlen. Die Sexualität kann Leben kreieren, uns mit etwas viel Grösserem und der Liebe verbinden. Wenn sie nicht verbunden ist, nicht bewusst, blockiert, abgewertet und nicht sein darf, kann sie die dunkelsten Schatten zeigen.

 

Untrennbar verbunden

Die sexuelle Kraft ist untrennbar mit dem Körper verbunden und so kommen wir, wenn wir uns diesen Schatten stellen wollen, nicht darum herum, in Kontakt zu kommen mit uns und unserem Körper. Weniger über Leistung und extreme körperliche Betätigung, als viel mehr über bewusstes Spüren und Erleben. Dadurch erschliesst sich die Welt der angelegten Kraft und Lebendigkeit und zeigt sich das Abgetrennt-Sein und die Verletzlichkeit. Durch unsere kulturelle Geschichte sind wir von einer eher grundsätzlichen Ablehnung statt Bejahung der sexuellen Lebenskraft geprägt und einher geht die Ablehnung unserer Körpers. Wenn wir beginnen unseren Körper bewusst zu spüren und erleben, ist diese Selbstannahme und die Bejahung der sexuellen Kraft ein grundlegender wichtiger Schritt in Richtung Verbindung, um die Kräfte spüren zu können, sie bewusst lenken und Grenzen wahrzunehmen.  

 

Spüren und erleben

Die Integration der sexuellen Energie als angelegte Lebenskraft, das ist die Ausrichtung der tantrischen Massage und somit ein möglicher Weg, in dieses Spüren und Erleben des Körpers zu kommen.  Die präsente, bewusste und absichtslose Berührung unterstützt zu vertrauen, nicht einem Ziel zu folgen, loszulassen von Konzepten und Vorstellungen und einzutauchen in die Wahrnehmung des Körpers. Seine Sinnlichkeit, Verletzungen, Kraft, Blockierungen, Freude und Lust darf da sein, spürbar werden und zum Ausdruck kommen und es gibt nichts zu erreichen oder zu tun. So banal es tönen mag, aber genau in dieser Annahme, in diesem vorbehaltslosen und absichtslosen Sein (dürfen) mit der sexuellen Kraft, liegt die Veränderung und da geschieht Verbindung. Verbindung zum Körper, zum Spüren und zum Herzen. Wenn unsere Sexualität sich verbindet mit unserem bewussten Erleben, mit unserem Herz und unserer Seele, dann dient sie dem Leben.

 

Jenseits von Täter und Opfer

Wenn in unseren Seminaren Männer und Frauen mit sich selber in einen bewussten Kontakt kommen und gegenseitig in dieser Haltung berühren, öffnen sich Erfahrungsräume, die eine mögliche Antwort auf die aktuellen #metoo Diskussionen geben. Es sind Erfahrungen jenseits von Täter und Opfer – es sind Erlebnisräume, in denen Männer und Frauen einander wertschätzen, achten und sehen lernen mit allem was beide Geschlechter tragen an sexueller Kraft und Verletzungen und sich gegenseitig unterstützen mehr damit in Verbindung zu kommen und zu heilen. Vor Kurzem drückte eine Teilnehmerin diese Erfahrung in folgenden Worten aus: „Wenn mehr Menschen diese Art und Weise von Begegnung und Berührung kennen würden, gäbe es wohl weniger Streit in Beziehung, in Politik und an vielen Orten mehr“

 

Das Thema von #metoo geht von Hollywood über’s Bundeshaus bis in unseren Alltag. Lasst uns ein gutes Miteinander zwischen Männern und Frauen entwickeln und neue Wege gehen!

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Kommentare: 2
  • #1

    Yvo (Donnerstag, 18 Januar 2018 23:13)

    Ja, die #MeToo-Kampagne zeigt eindrucksvoll, dass sehr viele Frauen von sexuellen Übergriffen betroffen sind. In der Folge sehen sich mehr Männer aufgefordert, ihr Verhalten zu reflektieren.

    Das ist grundsätzlich eine gute Entwicklung. Doch jetzt müssen wir als Gesellschaft einen Schritt weitergehen: Denn leider wird es auch dieser Kampagne nicht gelingen, Sexismus zu überwinden und sexualisierte Gewalt zu beenden.

    Es braucht achtsame und mutige Gespräche darüber, wie kann und soll das mit der sexuellen Begegnung zwischen Männern und Frauen in einer gleichberechtigten Gesellschaft "organisiert" sein.

    Auch wenn sexuelle Begegnungen von Grenzüberschreitungen leben (in dem wir Zurückhaltung bewusst ablegen und wirkliche Nähe zu einem anderen Menschen zulassen), braucht es dazu individuell und kollektiv ausgehandelte Spielregeln.

    Eurer Aufforderung "Lasst uns ein gutes Miteinander zwischen Männern und Frauen entwickeln", schliesse ich mich darum gerne an. Denn in dem wir geeignete Räume und "Gefässe" für diesen Austausch schaffen, transformieren wir die aktuelle Debatte in dauerhafte Veränderung. Damit sich die erwähnte sexuelle Kraft zeigen kann, ohne sich weiter auf Kosten anderer Anderer durchzusetzen.

    Yvo

  • #2

    Martin (Freitag, 19 Januar 2018 15:43)

    Danke für diesen tollen Artikel der mir sehr aus dem Herzen spricht! Tantra bedeutet für mich alle Seiten wertschätzend annehmen, #MeToo empfinde ich mehr als bashing und wenig konstruktiv. Klare Kommunikation und Respekt bringt mehr. Missbräuche sollen weder entschuldigt, noch banalisiert werden, Wichtig wäre die Ermutigung Grenzen zu spüren und dafür einzustehen...